Die lilafarbenen bis schwarzen Staubbeutel sind ein gutes Erkennungsmerkmal der Behaarten Karde.
Die lilafarbenen bis schwarzen Staubbeutel sind ein gutes Erkennungsmerkmal der Behaarten Karde.
Im Frühjahr und im Sommer erfreuen wir uns an den Blüten unzähliger Pflanzen. Na klar: die Blüte dient der Samenbildung und Vermehrung. Manche Arten bilden jedes Jahr aufs Neue Blüten und Früchte, andere nur einmal in ihrem Leben. Die Behaarte Karde gehört zu letzteren, und bis sie überhaupt mal blüht lässt sie sich Zeit. Warum das so ist und welche Herausforderungen das mit sich bringen kann erfährst du hier.
Die Behaarte Karde wächst in Staudenfluren, entlang von Gräben und in Auwäldern größerer Flüsse. Dieser Lebensraum zeichnet sich dadurch aus, dass er an vielen Tagen im Jahr überschwemmt ist, aber auch ganz trockenfallen kann. Welche Herausforderung! Die Pflanzen müssen also gut mit feuchten, aber auch mit trockenen Bedingungen klarkommen.
hohe Verantwortlichkeit
Samen werden durch Tiere oder Wasser ausgebreitet
blüht von Juli bis August
feuchte, nährstoffreiche Laub - und Auenwälder
So dynamisch wie ihr Lebensraum ist auch die Lebensweise der Behaarten Karde. Die Pflanze blüht und fruchtet nur ein Mal in ihrem Leben und stirbt nach der Fruchtreife ab. Solche Pflanzen werden als monokarpe oder hapaxanthe Arten bezeichnet.
Sicher fallen dir auf Anhieb viele solcher Pflanzen ein, viele davon sind jedoch einjährig. Bei der Behaarten Karde dauert es dagegen oft zwei Jahre oder länger, bis sie endlich blüht. In den Jahren vor ihrer Blüte bildet sie nur Blätter, die in einer Rosette nahe am Boden wachsen. Dadurch ist die Pflanze in dieser Zeit an ihren Standort gebunden, auch wenn die Umweltbedingungen ungünstig sind. Wenn die Rosette (der Karde?) kräftig und groß genug geworden ist, um zu blühen, bildet sie bis zu zwei Meter hohe Blütenstände aus. Die weißen Blüten stehen dicht zusammen in köpfchenförmigen Blütenständen. Sie locken viele Insekten an, die den Pollen beim Trinken des Nektars von den schwarzvioletten Staubbeuteln ungewollt mitnehmen. Da sich die Narbe erst nach den Staubbeuteln entfaltet, wird verhindert, dass die Pflanze sich selbst bestäubt. Kreuzbestäubung, also die Übertragung von Pollen der Blüte einer Pflanze auf die einer anderen, erhöht die genetische Vielfalt und das ermöglicht wiederum eine Anpassung der Behaarte Karde an sich verändernde Umweltbedingungen.
Die reifen Samen fallen aus dem Fruchtstand heraus oder werden, je nach Wasserstand, weggeschwemmt. Auf wenig bewachsene Stellen am Ufer finden sie günstige Keimbedingungen vor. Durch das Wegschwimmen im Wasser können neue und auch weit entfernte Standorte erobert werden. Die regelmäßig überschwemmten Auenwälder bieten für diese Ausbreitungsform einen perfekten Lebensraum. Durch Abtrag oder Ablagerung von Schwemmmaterial bilden sich immer wieder offene Bodenflächen, auf denen die Behaarte Karde gut anwachsen kann.
Wie eingangs erwähnt, stirbt die Behaarte Karde nach der Fruchtreife ab. Dieser Lebensstil kombiniert mit einer mehrjährigen Lebensweise birgt allerdings auch Risiken: würden alle Pflanzen gleichzeitig in einem Jahr fruchten, in dem die Umweltbedingungen ungünstig sind, etwa durch lange andauernde Trockenheit oder Überschwemmungen während der Fruchtbildung, so wäre das Fortleben des Bestandes gefährdet. Solange aber immer wieder neue Pflanzen nachkommen und nicht zu viele Jahre hintereinander ungünstig sind, hat die Karde gute Chancen zu überleben.
Leider sind die zeitweise überschwemmten Auwälder durch Flussregulierungen bei uns selten geworden. Umso wichtiger sind Projekte zur Renaturierung von Flussläufen, bei denen dann auch Verantwortungsarten wie unsere Behaarte Karde erneut angesiedelt werden können. Hierfür können Botanische Gärten im Rahmen des WIPs-Projekts Arten vermehren und lagern darüber hinaus in der Saatgutbank Samen verschiedener Populationen der Art ein. Diese stehen auch in Zukunft für Renaturierungsprojekte zur Verfügung. Die Behaarte Karde zum Beispiel haben wir schon bei einer Renaturierung eines Baches in Rheinland-Pfalz ausgebracht. Sie entwickeln sich bisher kräftig.