Die richtigen Keimungsbedingungen sind ein wichiges Kriterium für das Überleben einer Art.
Die richtigen Keimungsbedingungen sind ein wichiges Kriterium für das Überleben einer Art.
Wer einen Garten hat kennt das: Samen ausstreuen, gießen, und schon sprießt es. Was bei unseren Gartenpflanzen häufig gut funktioniert kann bei Wildpflanzen etwas komplizierter sein. Wenn die Samen nicht die richtigen Bedingungen vorfinden, keimen sie nicht. Für unsere Arbeit im Projekt WIPs-De ist die Keimung aber ein entscheidendes Kriterium, um das Überleben der Arten zu sichern. Wir arbeiten deshalb hart daran, die richtigen Voraussetzungen zu erforschen. Wie das genau funktioniert, erklären wir dir am Beispiel der Trauben-Graslilie.
Die Trauben-Graslilie (Anthericum liliago) ist eine der zwei in Deutschland vorkommenden Arten der Gattung Anthericum. Neben der Trauben- ist noch die Ästige Graslilie (Anthericum ramosum) vertreten. Beide Arten sehen sich sehr ähnlich. Im Vergleich zur Ästigen Graslilie blüht die Trauben- Graslilie vier Wochen früher und hat einen unverzweigten Blütenstand. Sie hat ihren Verbreitungsschwerpunkt in Deutschland und ist eine unserer Verantwortungsarten im Projekt WIPs-De. Außerdem ist sie eine geschützte Art nach dem Bundesnaturschutzgesetz.
hohe Verantwortlichkeit
kommt an trocken-warmen Standorten vor
blüht von Mai bis Juni
wird von unterschiedlichsten Insekten bestäubt
Sicher hast du dich schon gefragt, was genau wir mit den meist bedrohten und seltenen Pflanzenarten machen, um sie zu erhalten. Wir ziehen die Pflanzen in den Botanischen Gärten an, um Erhaltungskulturen anzulegen, sie weiter zu vermehren oder sie direkt wieder im Lebensraum anzusiedeln. Außerdem lagern wir Samen in Saatgutbanken ein, um auch später noch darauf zurückgreifen zu können. Dazu ist es wichtig, die Bedingungen zu untersuchen, bei denen die Samen am besten keimen. Doch wie läuft das eigentlich genau ab mit der Keimung und wann ist der richtige Zeitpunkt für den Samen gekommen, um loszulegen?
Nach der Bestäubung entwickelt sich der Fruchtknoten der Blüte zu einer Kapsel-Frucht, in der die Samen heranreifen. Wenn die Kapsel sich dann im Spätsommer öffnet, sind die Samen schwarz und etwa 3 mm groß. Damit die Samen nicht sofort keimen, ist ihre Entwicklung zunächst unterbrochen. Das nennt man Keimruhe. Dadurch wird verhindert, dass sich die empfindlichen Sämlinge bereits im Herbst entwickeln und dann den Winter nicht überstehen. In der Natur werden die keimungshemmenden Moleküle durch längere Kältephasen allmählich abgebaut, was zu einer natürlichen Keimung im nächsten Frühjahr führt. Nach den Erfahrungen im Projekt WIPs-De ist das auch für die Keimung der Graslilie von Vorteil. Außerdem muss die Samenschale durchlässig für Wasser werden. Das geschieht in der Natur durch das Aufreiben an Sand und Steinen. In den WIPs-De-Laboren beschleunigen wir diesen Prozess, indem wir jeden Samen einzeln mit einem Skalpell anritzen. Der Samen kann dann sofort Wasser aufnehmen, seinen Stoffwechsel in Gang setzen und die Keimung kann losgehen. Folgt danach die Kultivierung bei den richtigen Temperaturen, können wir Jungpflanzen anziehen, um diese in den Botanischen Gärten oder auch bei Ansiedlungsmaßnahmen direkt im Lebensraum einzupflanzen.
Hast du auch Lust, Wildpflanzen gezielt zum Keimen zu bringen? Dann probiere es doch einfach mal aus: Sammle ein paar Samen und experimentiere ein bisschen. Achte darauf, dass die Pflanzen nicht unter Schutz stehen und sammle nicht im Naturschutzgebiet, denn dafür benötigt man eine Genehmigung. Vielleicht findest du ja die optimalen Bedingungen für die Keimung der Samen heraus und hast dann schon bald ein paar Jungpflanzen herangezogen, die sich auch in der ein oder anderen Ecke deines Gartens wohlfühlen.